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„best egypt“

Die Freude an der Bewegung, die suggestive und die direkte Welt des österreichischen Künstlers Kevin A. Rausch: hier als synchroner Zugang zu einer Reise nach Kairo im Jahr 2004. Die kratzende improvisierte Musik in das schwarzweiße Flirren, grau und auch blau, die Hitze aufgreifend und in die Bilder fließen lassen: Kairo, die Glorreiche, die Starke. Ein paar Männer tragen Kopfbedeckungen und Sonnenbrillen, die Spiegelung in den Gläsern, mit einer kurzen Bewegung des Halses und der Schultern ist der jeweilige Blick auch wieder von der Kamera abgewendet. Das Schauen ist kein Muss und wird zum suggestiven Porträt, indem die Farbe den allmählichen Prozess zu dokumentieren scheint.
Der schwarzblaue Flur und die zerrenden Lichter, ein Fluss in 8mm und ein stetes Drehen und Klopfen, der großen Leinwand ein kurzes Aufatmen noch ermöglichen, noch das eine mal. Und nun geht es durch die Lichter und die überblendeten Häuser. Das Drehen im Kreis und in der vollen Fahrt und ein sanfter Rhythmus stellt sich langsam ein. Das Wischen und Kratzen wird vom Bass und den Gitarren aufgenommen, nicht weitergeführt sondern kurz und markant unterstrichen. Und die Strahlen greifen durch die bunten Fenstergläser einer Moschee, bilden den Kontrast zum Aussen: einem hellen, flirrenden und überblendeten Tag. Und mit Reisschwenks jagt die Kamera durch die Nacht.
Im Wechsel von Farbe und Schwarzweiß, nun das überhitzte Äussere und das Kühle versprechende Innere. Das Tempo der Autofahrt gibt das Tempo der Kamera vor, und hell und erleuchtet geht es durch eine Wohngegend. Der Schnitt hält die kurzen kräftigen Blicke in die Seitengassen im Zaume. Die Farben wischen wie mit einem breiten groben Pinsel über die rosa und gelben und grauen und weissen Mauern, und eine alte Frau hinkt am Gehsteig entlang. Das Blau und das Gelb, die Bäume und der Asphalt. Und manche Nächte sind grün.
In der nächtlichen Wüste wird das Schlachten einer Ziege zur kurzen Erinnerung an den Hunger, der zu stillen ist, Das Fellabziehen, das Baumeln des Kopfes. Die anschliessende Autofahrt durch die Stadt bringt den Betrachter wieder ins Hier und Jetzt zurück, mit verkanteter Kamera kommt alles Gesehene zum Liegen und Querlaufen, das Blut fliesst nicht mehr. Der U-hBahntunnel sieht allbekannt aus, die Bettler und Passanten bergen eine Aktualität, von Elektrogitarren noch unterstrichen. Die Nacht hat viele Landschaften. Die Lichter bilden ihre Figuren anhand einer Nähe, die fast zur Unkenntlichkeit führt, und die das Darlegen eines Verstehens unmöglich macht.
Man kann sie anhand ihrer Strassen durchqueren oder auf den flachen Dächern, und das Wischen zieht an einem vorüber. Als ein junger Mann in die Kamera blickt, und diese für einige Momente zum Stehen bringt. Er reibt sich das Kinn, spricht vorbei, ein kurzes Winken mit der Hand und das Lächeln geht zurück in die Kamera. Im engen Trubel der Stadt ist dieses Lächeln nicht verlorengegangen. Die Lichter am Fluss vermischen sich mit den Autolichtern und bilden eine trübe Kette. Der Mann ist fort.
Das Weiss der Kopfbedeckungen wiederholt sich, die Männer diesmal von hinten, verhüllte Nacken und Rücken in jenen Autos, die durch die Wüste fahren und sich später wieder zum Halbrund aufbauen werden. Doch bis dahin verliert sich noch die Fahrt im Blau der Nacht. Die Farben und Rhythmen finden sich wieder, das Meer und die Kamele und die Hitze, die Kühle der Nacht leitet den Stillstand. Der Orient als europäische Projektion und die Kunst als ihr Transformator: und ein deutender Finger zeigt noch einmal über die Leinwand hinaus.

Claudia Siefen